ILLUSTRATION: SABRINA MÜLLER
HAMBURGER WIRTSCHAFT 12 / 16
IM FOKUS
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Ein Gesetz mit Tücken
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat seine Aufgabe erfüllt:
Nach langem Ringen gelang eine Einigung bei der Erbschaftsteuerreform.
U
nterm Strich kann man es als posi-
tiv bewerten, dass es im September
eine Einigung bei der Erbschaft-
steuerreform gab. Immerhin haben eigen-
tümer- und familiengeführte Unterneh-
men sowie ihre Nachfolger nun endlich
Rechtssicherheit – zumindest auf dem Pa-
pier. Nach der Verabschiedung des Geset-
zes – die Regelungen treten rückwirkend
zum 1. Juli 2016 in Kraft – werden aller-
dings noch erhebliche Klarstellungen auf
dem Wege eines Verwaltungserlasses vor-
genommen werden müssen.
Positiv ist, dass mit der Neuregelung
die Grundlage der Erbschaftsteuer – näm-
lich die Bewertung von Firmen – realis
tischer gestaltet wurde. Bei dem häufig
angewendeten „Vereinfachten Ertragswert
verfahren“ wurde der entscheidende Mul-
tiplikator des durchschnittlichen Jahres-
ertrags von derzeit knapp 18 auf 13,75
gesenkt. Das liegt für viele Betriebe noch
immer deutlich über dem Marktwert. Es
führt aber die der Besteuerung zugrunde
liegenden Unternehmenswerte doch nä-
her an die Praxis heran und reduziert da-
mit die Steuerbelastung.
Zudem werden – wie von der IHK-Organisation gefordert – endlich auch die
bei Familienunternehmen typischen Ver-
fügungsbeschränkungen berücksichtigt.
Wenn etwa die Entnahme von Gewinnen
und die Abfindungen beim Ausscheiden
eines Gesellschafters vertraglich begrenzt
sind, kann ein Abschlag von bis zu 30 Pro-
zent auf den Wert des begünstigten Be-
triebsvermögens vorgenommen werden.
Die satzungsmäßigen Beschränkungen
müssen aber zwei Jahre vor und 20 Jahre
nach dem Erbfall Bestand haben.
Allerdings ist der Gesetzestext gerade
bei den Vorgaben für diese maximal mög-
liche Gewinnentnahme nicht konkret ge-
nug und deshalb so in der Praxis kaum
anwendbar. Unklar ist zum Beispiel, wie
nungsabschlag von 85 beziehungsweise
100 Prozent schrittweise, je deutlicher der
Wert des Erbes die 26 Millionen Euro
überschreitet.
Allerdings wurde zugleich die Mög-
lichkeit eingeschränkt, überhaupt die 100-
prozentige Verschonung in Anspruch zu
nehmen. Das ist nur noch möglich, wenn
das Verwaltungsvermögen nicht mehr als
maximal 20 Prozent des Betriebsvermö-
gens ausmacht. Hier muss die Finanz
verwaltung dringend klären, ob bei der
Berechnung dieser Quote auch die Ver-
bindlichkeiten der Firma berücksichtigt
werden können. Die Inanspruchnahme
einer Stundung wurde ebenfalls von zehn
auf sieben Jahre eingeschränkt. Sie ist
auch nur noch im ersten Jahr zinslos; für
die weiteren Jahresbeträge werden hohe
Zinsen von aktuell sechs Prozent fällig.
Das Gesetz wird Herausforderungen
mit sich bringen, weil bei jeder Detail
regelung auf den genauen Bezugswert zu
achten ist. Mal ist das der Wert der Schul-
den, dann der Wert des Betriebsvermö-
gens, an anderer Stelle der Wert des be-
günstigten Vermögens oder auch der des
Netto- oder Bruttoverwaltungsvermögens.
Hier müssen die Verwaltungserlasse drin-
gend für Klarheit sorgen.
Unterm Strich wird der Mittelstand
durch die Neuregelungen insgesamt auf
jeden Fall steuerlich stärker belastet. Des-
halb sollten Steuerentlastungen für diese
Gruppe ganz oben auf der wirtschaftspoli-
tischen Agenda der kommenden Jahre ste-
hen. Abschließend muss für die Anwen-
dung des Erbschaftsteuerrechts und die
Steuerpolitik insgesamt festgestellt wer-
den: Es bleibt noch Eini-
ges zu tun!
Jutta Thormann
jutta.thormann@hk24.deTelefon 36138-351
der „steuerrechtliche Gewinn“ zu bestim-
men ist. Die meisten Gesellschaftsverträ-
ge beziehen sich nicht auf diese Größe,
sondern auf den handelsrechtlichen Ge-
winn. Bei mehrgliedrigen Unternehmen
muss zudem auf den Konzernabschluss
abgestellt werden, sonst läuft die Rege-
lung bei diesen Firmen ins Leere.
Gut ist, dass Erwerber von großen
Unternehmensanteilen (über 26 Millionen
Euro) die Möglichkeit erhalten, sich statt
einer Verschonungsbedarfsprüfung – in-
klusive des Einsatzes der Hälfte des Pri
vatvermögens – für ein Abschmelzen des
Verschonungsabschlags zu entscheiden.
In diesem Fall verringert sich der Verscho-
WIR
BERATEN
UNTERNEHMEN
ALTERSVORSORGE ÜBER GENERATIONEN