hamburger
wirtschaft
01/2016
42
Fotos: Stefan Malzkorn
Un t e r nehmen be r a t en
Einzelhandel
Im
Netz
Längst betreiben nicht mehr nur große
Handelsketten Onlineshops. Kleinere
Händler nutzen das Internet gezielt,
um ihr stationäres Geschäft zu stärken.
F
ast täglich informiert Yvonne Wickenthey,
die bei Secondella das On- und Offlinemar-
keting verantwortet, auf der Firmenwebseite
und in sozialen Medien über neue Produkte.
„Mit dem Onlineshop erreichen wir nicht nur
unsere Hamburger und auswärtigen Stamm-
kunden, sondern gewinnen auch viele Neukun-
den“, sagt Wickenthey. Entsprechend spielt
das Internet inzwischen eine große Rolle bei
dem 1970 gegründeten Unternehmen, das im
Geschäft an den Hohen Bleichen mit Designer-
Secondhandkleidung handelt.
So hat Wickenthey beispielsweise eine
Handtasche von Prada, die sie auf Kommission
verkauft, ins Internet gestellt. „Wir möchten sie
auch Stammkunden anbieten, die nicht regel-
Verkaufen ihre Delikatessen on- und offline: Jan Schawe (re.), Inhaber von Mutterland, und sein Geschäftspartner Roland Panitsa
mäßig in Hamburg sind“, sagt sie. „Es wäre
doch schade, wenn eine Kundin, die diese
Tasche schon lange sucht, sie nicht fände.“
Auch Jan Schawe macht im Netz auf neue
Angebote aufmerksam. Der Kommunikations-
wirt hat 2007 die Mutterland GmbH gegrün-
det und verkauft in drei Geschäften in der
Innenstadt, in St. Georg und Eppendorf Deli-
katessen aus Deutschland. „Wir stellen nur
ausgewählte Artikel ins Internet, darunter vie-
le saisonale Produkte“, sagt der 42-Jährige,
der mehrfach für sein Ladenkonzept ausge-
zeichnet wurde. Von seinen Wettbewerbern im
Internet grenzt er sich unter anderem dadurch
ab, dass er vieles exklusiv führt. Zudem stellt
Mutterland in Hamburg eigene Produkte, bei-
spielsweise die Hafenschokolade, her.
Christian Grau dagegen nutzte das Inter-
net, um sein Unternehmen in die Zukunft zu
führen. „Als ich 1996 hier einstieg, präsentier-
ten wir auf 300 Quadratmetern ‚Alles für den
Sport‘. Das war schon damals nicht mehr
glaubwürdig“, sagt Grau, einer von drei Ge-
schäftsführern der in Schleswig beheimateten
Sport Tiedje GmbH.
Das Unternehmen ist auf Fitnessgeräte
spezialisiert, die online sowie in 41 Filialen in
Deutschland, Dänemark, den Niederlanden,
Belgien, Großbritannien, Österreich und in der
Schweiz verkauft werden. Mit einem Geschäft
im Schanzenviertel ist Sport Tiedje auch in
Hamburg vertreten.
Es sind drei Beispiele kleinerer Firmen, die
zeigen, dass der Handel im Internet nicht mehr
nur für große Ketten interessant ist. Aktuell
werden laut GfK 8,5 Prozent des Einzelhan-
delsumsatzes online gemacht. Lässt man Le-
bensmittel und Drogerieartikel außer Acht,
sind es sogar 15,3 Prozent.
Bis 2025 dürfte der Anteil nach den Pro-
gnosen der GfK auf 15 Prozent beziehungs-
weise – ohne Drogerieartikel und Lebensmittel
– auf 25 Prozent anwachsen. Dann aber wird
wohl eine Sättigung eintreten. „Wir gehen da-
von aus, dass das Wachstum im Onlinehandel
deutlich abflachen wird“, sagt Gerold Dopl-
bauer, der in der Handelskammer eine
GfK-Studie zum Onlinehandel vorstellte.
Der Globetrotter-Geschäftsführer Andreas
Bartmann glaubt, dass der stationäre Einzel-
handel sogar Marktanteile zurückgewinnen
kann – vorausgesetzt, die Waren sind auch
verfügbar. Denn zahlreiche Studien belegen,
dass die Verfügbarkeit der gesuchten Artikel
für die Kunden einer der wichtigsten Gründe
ist, um im stationären Handel einzukaufen.
„Wenn wir unseren Kunden zusichern kön-
nen, dass sie die gewünschten Produkte auch
bekommen, werden sie wieder verstärkt in den
Läden einkaufen“, ist sich Bartmann sicher.