November 2018

HAMBURGER WIRTSCHAFT 11 / 18  TITEL 18 MARGOT SCHÜLLER, GERMAN INSTITUTE OF GLOBAL AND AREA STUDIES (GIGA): „Nur über die Anwendung internationaler Regeln und Normen kann die weitere Eskalation in einen Handels- krieg vermieden werden, der allen Beteiligten schadet.“ cherung im weltweiten Handel ist gerade die Hamburger Wirtschaft betroffen“, sagt er. Inwieweit sich der Konflikt tatsächlich auf hiesige Unternehmen auswirkt, lässt sich derzeit allerdings schwer abschätzen. Rodger Wegner, Geschäftsführer beim Verein Hamburg Expor- teure, liegen dazu keine Zahlen vor, aber er hält das Thema für brisant: „Der Freihandel ist gene- rell dadurch gefährdet, dass die USA bilateral vorpreschen und das multilaterale Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO zu sprengen dro- hen.“ Schüller vom GIGA meint: „Nur über die Anwendung internationaler Regeln und Normen kann die weitere Eskalation in einenHandelskrieg vermiedenwerden, der allen Beteiligten schadet.“ Ausländische Investoren in China verurteilen zwar die US-Strafzölle, teilen aber in vielen Punk- ten die zugrunde liegende Kritik. Für EU-Firmen herrsche in China kein gerechter Wettbewerb, lautet der Vorwurf. Jüngste Entwicklungen stehen in der Kritik. So hat China neue Richtlinien einge- führt, die die Barrieren für ausländische Unter- nehmen weiter erhöhen. Seitdem das Cyber-Si- cherheitsgesetz am 1. Juni 2017 in Kraft getreten ist, müssen betriebliche IT-Prozesse zumBeispiel aufwendig angepasst werden. „Natürlich sind viele inChina tätige ausländi- sche Investoren nicht begeistert von den neuen Auflagen, die ihnen dort auferlegt werden. Die Mehrzahl von ihnen lässt sich aber dadurch nicht von ihremEngagement in China abhalten“, beob- achtet Yi Sun. Bei der Unternehmensberatung Ernst & Young in Düsseldorf leitet sie das China- KompetenzzentrumDeutschland, Schweiz, Öster- reich. Ihren etwas anderen Blickwinkel wird sie beim „Hamburg Summit“ vorstellen, wenn sie über Investitionskooperationen zwischen der EU und China spricht. Suns These: Addiere man alle europäischen Investitionen in China seit den 1980er-Jahren, dann übersteige das bei Weitem das heutige chinesische Engagement. Mitdisku- tieren wird in Hamburg Reinhard Bütikofer als Mitglied des Europäischen Parlaments in Brüssel. Den Spitzenplatz in der Weltwirtschaft will China mithilfe der Wirtschaftsstrategie „Made in China 2025“ und der „Belt and Road Initiative“ (BRI) für eine Neue Seidenstraße zementieren. „Made inChina 2025“ ist das Pendant zu Industrie 4.0 in Deutschland, die BRI soll Länder entlang der Neuen Seidenstraße enger an die Volksrepu­ blik binden. In diesem Zusammenhang von ei- nem Ausverkauf deutscher und europäischer Unternehmen an China zu sprechen, hält Sun für übertrieben. Als klare Wettbewerbsansage für Deutsch- land versteht hingegen Bernhard Bartsch „Made in China 2025“. Er verantwortet bei der Bertels- mann-Stiftung in Gütersloh das Programm „Deutschland und Asien“ und beurteilt das BRI- Potenzial gespalten: „Wenn es gut läuft, kann die Belt and Road Initiative einen enormen Schub für Infrastruktur und wirtschaftliche Entwicklung bedeuten. Wenn es schlecht läuft, werden wir ei- nen offenen Systemwettbewerb und einen Zerfall globaler Governance-Strukturen erleben. ImMo- ment bewegen wir uns irgendwo dazwischen.“ Deutschland und Europa sollten die BRI-Chancen FOTOS: ISTOCK.COM/LY86, CLAUDIA HÖHNE, MARCO GRUNDT

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