Oktober / November

HAMBURGER WIRTSCHAFT 16 MEDIATIONS STELLE FOTO ISTOCK.COM SKEGBYDAVE N ein, so etwas machen wir nicht“, war noch vor 20 Jahren die Antwort, wenn die damals gerade neu gegründete Mediationsstelle für Wirtschaftskonflikte einen Mediationsantrag an einen Konfliktpartner weiterleitete. Das hat sich inzwischen geändert, heute ist das Feedback in der Regel positiv. Die meisten Anträge werden wegen Gesellschafterstreitigkeiten gestellt. Zunächst kamen die Konfliktparteien überwiegend aus der Medienbranche, mittlerweile sind fast alle Sparten vertreten: Gastronomie, Handel, Tourismus, Indus- trie, Dienstleister. „Kein Wunder, ein Gerichtstermin dauert oftmals Monate, und eine Mediation kann kurz- fristig, auf Wunsch nach we- nigen Tagen durchgeführt werden“, sagt Dr. Susanne Perker, Rechtsanwältin und Mediatorin. Bei drei Werbe- treibenden lief es sogar so gut, dass sie im Anschluss einen Beratervertrag mit dem Mediator abgeschlossen haben, um ein Konfliktma- nagementsystem imUnternehmen zu installieren. Seit ihrer Gründung informiert die Mediations- stelle zum Thema Mediation und vermittelt Wirt- schaftsmediatoren. Das Gros der Anfragen kommt von kleinen undmittleren Unternehmen, vomStart- up bis hin zum etablierten Betrieb. Konfliktpo- tenzial gibt es immer: steigende Mitarbeiterzahlen, unterschiedliche Führungs- und Entwicklungsstile, Änderung der eigenenPrioritäten – die Themen sind vielfältig. „Schon bei der Gründung“, sagt Susanne Perker, „sollten die jeweils Beteiligten daher an eine Klausel im Vertrag denken, damit die Mediation im Konfliktfall ohne Diskussionen starten kann.“ Eine Grundregel der Mediation ist Freiwilligkeit – ohne die Zustimmung des jeweils anderen läuft nichts. Auch bei Konflikten die Unternehmensnach- folge betreffend, ist Mediation ein Dauerbrenner. Senior und Junior, egal obMann oder Frau, haben in der Regel unterschiedliche Führungsstile, Hinter- gründe und Interessen. In einem Familienunterneh- men aus dem Handel beispielsweise hatte sich der Konflikt so weit zugespitzt, dass der Sohn die Firma verlassen wollte. Der über 70-jährige Vater hätte keinen Nachfolger mehr gehabt. „Der Anruf bei der Mediationsstelle kam gerade noch rechtzeitig“, so Perker. „Die Mediation dauerte etwa vier Wochen, und jetzt gibt es eine Regelung.“ Der Nachfolge-Plan sieht vor, dass sich der Senior in den kommenden beiden Jahren sukzessive aus dem Betrieb zurück- zieht und in die Rolle des „Seniorberaters“ wechselt. Lange aufgeschobene Entscheidungen wurden ge- fällt, undder Junior kannnun die für ihn wichtigen Ände- rungen umsetzen. Auch bei innerbetrieb- lichen Konflikten wie Streit zwischen Kollegen oder Fu- sionen ist die Mediation ein guter Weg. Denn anders als vor Gericht geht es hier (noch) nicht um die Klärung der Rechtsfragen, sondern um die Interessen der Betei- ligten. „Es geht darum, Lö- sungen für die zukünftige Zusammenarbeit zu entwickeln“, erläutert Susanne Perker. „Der neutrale Mediator bringt die Men- schen wieder ins Gespräch und unterstützt dabei, Themen und Interessen zu sortieren, Missverständ- nisse auszuräumen und Verletzungen anzu- sprechen.“ Aber nicht die Mediatoren entscheiden am Ende, sondern die Parteien. Das klappt am bes- ten, wenn diese nochmiteinander kommunizieren. Die Erfolgsquote bei der Mediation kann sich sehen lassen: Zwischen 70 und 80 Prozent der Wirt- schaftskonflikte werden auf diese Weise beigelegt. Das Verfahren ist allerdings ergebnisoffen. Das heißt, der Streit soll beigelegt werden – wie, ist nicht vorgegeben. Stellt sich heraus, dass eine Zusam- menarbeit auf Dauer nicht möglich ist, dann findet sich meist ein Weg, sie im Einvernehmen zu been- den. DerWeg ist also das Ziel. PETRA SANDVOSS petra.sandvoss@hk24.de Wenn der Weg das Ziel ist Die Hamburger Mediationsstelle für Wirtschaftskonflikte trägt dazu bei, dass zum Beispiel Gesellschafter- oder Nachfolgestreitigkeiten größtenteils außergerichtlich beigelegt werden. Nun feiert die Einrichtung ihr 20-jähriges Bestehen. Die Hamburger Mediationsstelle für Wirtschaftskon- flikte ist eine Initia- tive der Han- seatischen Rechtsanwaltskam- mer, demHambur- ger Institut für Mediation e.V. und der Handelskam- mer. Sie berät rund umdas Thema Mediation, schlägt Mediatoren vor und stellt eine eigene Verfahrensordnung bereit. Termine können kurzfristig anberaumt werden. Auch Online- Mediationen sind grundsätzlich möglich. Alle gelis- tetenWirtschafts- mediatoren haben eine anerkannte Mediatorenausbil- dung, Wirtschafts- erfahrung und rechtliche Kennt- nisse. Mehr Infos unter www.hk24. de/mediation

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