April 2019

HAMBURGER WIRTSCHAFT 38 INTERVIEW CHRISTINE HAGER seequartier über eines der letzten großen Neubau- projekte – deren Planung und Realisierung erwartet unsere Branchemit großer Spannung. Worin liegt die Herausforderung bei solchen Projekten? Zum einen muss man Sortimentsbeschränkungen beachten: Wo vorher ein Baumarkt war, darf mor- gen nicht automatisch stattdessen ein Textilschwer- punkt sein. Und wenn doch, ist das Baurecht zu be- achten. Prozesse und Genehmigungen dauern teil- weise sehr lange – der Kunde ist dann abgewandert. Ansonsten geht es vor allemdarum, Chancengleich- heit mit demOnlinehandel herzustellen. Was sind Ihre Forderungen in diese Richtung? Es müsste auf jeden Fall eine Deregulierung stattfin- den. Die Senkung der Gewerbesteuer wäre für stati- onäre Händler in den Städten eine Möglichkeit, um Freiraum für Investitionen in die Digitalisierung zu schaffen. Auch die Öffnungszeiten müssen ange- passt werden, zum Beispiel auf zehn offene Sonn- tage pro Jahr. Wenn die Politik nichts tut, werden die Städte leiden. Inwiefern? Wenn ich das Produkt meinerWahl am freien Sonn- tag nicht stationär kaufen kann und unter der Wo- che eingespannt bin, sind zwei Klicks von der Couch aus bequem und schnell erledigt. Die Folgen sind klar: Der Lieferverkehr nimmt weiter zu und ver- stopft nicht nur unsere Straßen, sondern belastet auch nachhaltig unsere Umwelt. Die Digitalisierung wird weiter fortschreiten. Wie kann der stationäre Einzelhandel da beste- hen? Zunächst möchte ich festhalten: 82 Prozent des Ein- zelhandelsumsatzes werden immer noch stationär getätigt. Shoppen gehen ist für viele Menschen ein wesentlicher Teil ihrer Freizeitgestaltung. Der Ein- zelhandel muss die Digitalisierung daher viel weni- ger als Gefahr sehen, sondern eher als Chance be- greifen, wieder näher an den Kunden heranzurü- cken. Neben den logischen Triggern wie „Service & Convenience“ müssen auch Laden- und Verkaufs- konzepte digitaler werden. Geschäftsführerin Hager im Firmensitz der redos Gruppe amHolzdamm → Das Angebot an verfügbaren Flächen ist nicht nur in Hamburg knapp – gibt es noch Spielraum für neue Shoppingcenter? Wenig. Die Lage ist eigentlich in den „Top-7-Städten“ in Deutschland überall gleich: Die Möglichkeiten zur Errichtung neuer, großflächiger Shoppingcen- ter sind aufgrund fehlender und nicht genehmi- gungsfähiger Flächen nahezu erschöpft. Nicht nur aus diesem Grund sind Revitalisierungen das Gebot und die Herausforderung der Stunde. Hamburg verfügt mit der HafenCity und dem geplanten Über-

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